Der Winterprinz by Elizabeth E. Wein

Der Winterprinz by Elizabeth E. Wein

Autor:Elizabeth E. Wein [Wein, Elizabeth E.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-08-11T04:00:00+00:00


DIE KUPFERMINEN

Ich versuchte es wieder und wieder, aber mein Glück hatte in diesem Sommer seinen Tiefpunkt erreicht. Dich wiederzusehen und wieder von dir Abschied zu nehmen gab mir das Gefühl, ich sei ein unwillkommener Schatten von dir, der am Rande des Lebens anderer Leute lauert. Deine Kinder fanden sich offenbar leicht in ihr neues Heim ein, sie kamen nie auf die Idee, sich oder mich mit deiner Schande in Verbindung zu bringen. Ich konnte jedoch nicht so rasch und einfach wieder Ruhe und Frieden finden. Als ich am ersten Abend nach deiner Abreise in mein Zimmer zurückkam, schien die Unordnung in den Regalen dort meine Stimmung widerzuspiegeln. Unter den verstreut herumstehenden Flaschen lagen die Pläne für den blockierten Bergwerksschacht unfertig auf meinem Schreibtisch, und nun stellte ich auch noch fest, daß sie fehlerhaft und lächerlich waren. Ohne Rücksicht auf die Verschwendung, die das bedeutete, verbrannte ich die ärgerlichen Pergamentfetzen und warf die leeren Fläschchen weg.

Ich träumte wieder von Aksum und fuhr mitten in der Nacht plötzlich aus dem Schlaf hoch, im Traum war mir die Lösung zur Überwindung der Höhlenwand gekommen. Kidane hatte mich einmal zur Besichtigung der Mine mitgenommen, wo er Gold zu kaufen pflegte. Dort hatte man in den Gruben den Fels mit Feuer und Essig gesprengt, wie es die Römer getan hatten, und die Stollen mit Steingewölben abgestützt. Ich erzählte Cado von meiner Idee. Er verspottete sie als hochfliegend, fremdartig und altmodisch, war im Grunde genommen jedoch davon fasziniert. Ich hatte eine Ahnung, wie es gemacht wird, und nun lernten Cado und ich Gestein sprengen. In unseren Mußestunden arbeiteten wir gemeinsam an der frischen Luft. Wir holten uns Brandwunden und Blasen wie Kinder, die ein verbotenes Spiel spielen, und berauschten uns am Erfolg unserer Experimente. Nach einem mißlungenen Versuch mußten wir so heftig lachen, daß keiner von uns beiden mehr den Feuerstein ruhig halten konnte, um die nächste Flamme zu entzünden.

Je besser wir das Sprengen beherrschten, um so nüchterner beurteilten wir jedoch unsere Kenntnisse, und schließlich baten wir Cadarn um die Genehmigung, die Wand in unserem Schacht wegsprengen zu dürfen. Er lag weit genug entfernt von den Hauptstollen des Bergwerks, so daß das Risiko auf unseren Stollen beschränkt war. Zusammen mit den sechs Männern, die uns unterstanden, stützten wir unseren Gang mit Eichenstämmen ab und begannen, die Wand einzureißen. Wir arbeiteten zwar langsam, aber mit sichtbarem Erfolg, im Lauf einer Woche kamen wir ungefähr einen Meter voran. Endlich gelangten wir an einen engen Felsspalt, der uns auf eine dahinter liegende Höhle hoffen ließ, außerdem waren dicke Streifen von grünem und blauem Kupfererz an den Wänden. Nachdem wir die letzten alkoholgetränkten Lumpen in den dunklen Spalt gestopft und sie angezündet hatten, nachdem der Rauch sich verzogen hatte und wir wieder Luft bekamen, stellten wir fest, daß der Durchgang nun breit genug war, um einen Menschen durchzulassen.

Mit einer Laterne in der Hand ging Cado als erster voran. Er quetschte sich durch den Spalt und schien dann unmittelbar dahinter stehenzubleiben, merkwürdig still und stumm. »Was siehst du?« rief ich ihm zu.



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